Kurzbeschreibung: |
1. Ziel und Inhalt des Wahlpflichtmoduls
Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Gründen für langfristige Arbeitsunfähigkeit. Insbesondere depressive und andere affektive Störungen, sowie Belastungsreaktionen wie das Burn-out-Syndrom, sind schon seit Jahren ein zunehmend relevantes Gesundheits- und gesundheitsökonomisches Prob-lem und machen auch vor den Gesundheitsfachberufen nicht halt: Nationale wie auch internationale Untersuchungen zeigen, dass sich Beschäftigte in den Gesundheitsberufen häufig dau-erhaft gestresst fühlen und dass die aktuellen Arbeitsbedingun-gen in der stationären klinischen Versorgung als Gesundheitsge-fährdung v.a. in Bezug auf ein erhöhtes Burn-out-Risiko gese-hen werden können (Raspe et al., 2020, Dudman, Isaac, & Johnson, 2015).
Eine der häufigsten und komplexesten Stress-Folgeerkrankungen ist das Burn-out-Syndrom. Es ist ein ar-beitsbezogenes Belastungssyndrom, das mit emotionaler Er-schöpfung, Depersonalisation (persönliche Distanzierung) und verminderter Leistungsfähigkeit einhergehen kann. Es ist als langfristige Reaktion auf anhaltenden interpersonellen Stress im Arbeitsbereich zu verstehen und betrifft damit besonders häufig Menschen, die im pädagogischen und Gesundheitsbereich tätig sind. (Maslach & Leiter, 2016).
Daraus ergeben sich im Gesundheitssektor auch negative Kon-sequenzen für die Versorgung der Patient:innen. Die Leitsymp-tome des Burn-out Syndroms wirken sich indirekt auch auf die Ärzt:innen-Patient:innen-Beziehung und damit auf deren Ver-sorgung aus:
• Wer emotional erschöpft ist, kann sich auch nicht gut emoti-onal auf andere beziehen, also mitfühlende oder empathisch sein.
• Die persönliche Distanzierung geht mit einem zynischen, gleichgültigen oder sogar unmenschlichen Blick auf andere einher.
• Eine negative Selbstwahrnehmung in der Arbeit mit Pati-ent:innen, die mit Unzufriedenheit, Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht einhergeht, schränkt sowohl Arbeitsmotivation als auch Leistungsfähigkeit ein.
Frühzeitige Prävention und Gesundheitsförderung – oder auch Resilienzförderung – von Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, ist damit sowohl aus gesundheitsökonomischer Sicht wie auch im Sinne einer guten Patient:innenversorgung zentral. Gleichzeitig ist das Wissen über Stress, Stressfolgeerkrankun-gen und die Möglichkeiten des Stressmanagement für die ärztli-che Berufsgruppe auch im Umgang mit ihren häufig auch stressbelasteten Patient:innen von großer Bedeutung.
Ein bereits weit verbreitetes integrativmedizinisches und res-sourcenorientiertes Therapie-Angebot zur Prävention im Um-gang mit Stress und zur Behandlung von Stressfolgeerkrankun-gen ist die Mind-Body-Medizin (MBM). Dazu gehören u.a. die zahlreichen Arten von Yoga, Meditation uns Achtsamkeit. Die Wurzeln der MBM liegen u.a. in den Ergebnissen der Stressfor-schung. Sie bezieht sich auf den wechselseitigen Einfluss von Geist, Psyche (Mind), Körper (Body) und Verhalten sowie auf die direkte Wirkung von Gefühlen, Gedanken, Einstellungen, sozialen und spirituellen Aspekten und Verhaltensfaktoren auf die Gesundheit. MBM unterstützt den Menschen darin die Fä-higkeit zur Selbstfürsorge zu entwickeln und/oder zu erhalten.
Ansätze aus der MBM haben sich bereits als wirksam in Bezug auf die Behandlung und Prävention des Burn-out Syndroms insb. auch bei Gesundheitsfachpersonal erwiesen: Sie wirken sich grundsätzlich positiv auf das psychische Wohlbefinden aus, können negativen Stress reduzierten und gleichzeitig die Le-benszufriedenheit sowie das Wohlbefinden steigern. Auch die Empathie der Beschäftigten in den Gesundheitsberufen kann gestärkt werden, was sich damit auch indirekt wieder auf die Patient:innenzufriedenheit auswirkte kann (Lomas, Medina, Ivtzan, Rupprecht, & Eiroa-Orosa, 2019).
In diesem Wahlpflichtfach werden salutogenetische und resili-enzfördernde Aspekte im Umgang mit (arbeitsbezogenen) Be-lastungen und die präventiven und therapeutischen Möglichkei-ten der MBM in diesen Bereichen und in Bezug auf die klinische Tätigkeit erarbeitet und vertieft – unter besonderer Berücksichti-gung der aktuellen wissenschaftlichen Studienlage, aber auch ganz praktisch mittels angeleiteter Selbsterfahrung der Teilneh-mer*innen (verschiedene Entspannungs-, Meditations- und Achtsamkeitsübungen) und vielen Patient:innen-Beispielen zu relevanten Indikationen. Weiterhin werden bekannte Konzepte aus der Mind-Body-Medizin unter Zuhilfenahme von Kasuistiken vorgestellt und interaktiv diskutiert. Mit Hilfe verschiedener Messmethoden aus dem Bereich der Biosignalanalyse werden zudem die physiologischen Zusammenhänge von Stress und Stress- bzw. Entspannungsreaktionen verdeutlicht.
Dudman, J., Isaac, A., & Johnson, S. (2015, 10.06.2015). Revealed: how the stress of working in public services is taking its toll on staff, The Guardian. Retrieved from https://www.theguardian.com/society/2015/jun/10/stress-working-public-services-survey
Lomas, T., Medina, J. C., Ivtzan, I., Rupprecht, S., & Eiroa-Orosa, F. J. (2019). A Systematic Review and Meta-analysis of the Impact of Mindfulness-Based Interventions on the Well-Being of Healthcare Professionals. Mindfulness, 10(7), 1193-1216.
Maslach, C., & Leiter, M. P. (2016). Understanding the burnout experience: recent research and its implications for psychiatry. World Psychiatry, 15(2), 103-111.
Raspe, M., Koch, P., Zilezinski, M., Schulte, K., Bitzinger, D., Gaiser, U., . . . Nienhaus, A. (2020). Arbeitsbedingungen und Gesundheitszustand junger Ärzte und professionell Pflegender in deutschen Krankenhäusern. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 63(1), 113-121.
2. Struktur und Inhalt des Wahlpflichtmoduls
Das interprofessionelle Konzept ist überwiegend praktisch und anwendungsorientiert geplant, mit praktischem Unterricht von Ärzt*innen, Psycholog*innen/ Psychotherapeut*innen und Mind-Body-Therapeut*innen in verschiedenen naturheilkundlichen, integrativmedizinischen und psychosomatischen Einrichtungen/ Bereichen der Charité Universitätsmedizin Berlin (Pädiatrie, Hochschulambulanzen für Naturheilkunde, Psychosomatik). Moderne didaktische Konzepte wie flipped classroom-Elemente, praxisorientierte Lernfälle und Selbsterfahrung werden integraler Bestandteil des Angebots sein.
3. Lernspirale
Das Modul vertieft allgemeinmedizinische Kenntnisse aus vo-rangegangenen Semestern.
Es werden v.a. häufige chronische Krankheitsbilder behandelt, insb. Stress-Folgeerkrankungen, Burnout, Erschöpfungszustän-de, Depressionen und Angsterkrankungen, sowie chronische Schmerzerkrankungen und weitere psychosomatische Erkran-kungen.
Der Fokus wird dabei auf salutogenetische und resilienzfördern-de Aspekte im Umgang mit (arbeitsbezogenen) Belastungen und die präventiven und therapeutischen Möglichkeiten der Mind-Body-Medizin in diesen Bereichen und in Bezug auf die o.g. Indikationen erarbeitet und vertieft.
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